Trainer Sensei Peter Liebecke gratuliert seinem Schützling Patrick Sagwitz zur bestandenen Prüfung zum 1. Dan – von Antje Gust
Am Samstagnachmittag 16:40 Uhr war es soweit: Das diesjährige Trainingslager Ruhlsdorf geht zu Ende. Trainer Sensei Peter Liebecke, kann endlich stolz seinem Schützling Patrick Sagwitz zur bestandenen Prüfung zum 1. Dan gratulieren. Völlig abgekämpft und sichtlich erleichtert nimmt der 28-Jährige seine Ehrung entgegen. „Für mich ist ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen“, ist sein Fazit am Abend. Bereits mit sieben Jahren hatte der junge Mann Freude am Kampfsport gefunden und ist dem bis heute treu geblieben. Seit 2008 trainiert er Ashihara-Karate und hat nun sein Ziel erreicht: Sempai Patrick.
Ihm dabei geholfen haben 28 Karate-Schüler und Meister aus den Ashihara-Karateschulen Strausberg, Prötzel und Berlin-Pankow. Sie alle kamen am Freitag zum zweitägigen Trainingslager ins Feriendorf Dorado in Ruhlsdorf, um ihr Können in den Angriffs- und Abwehrtechniken zu erweitern. Nach den Trainingseinheiten am Freitagabend und Samstagvormittag stellten sie sich dem Prüfling als Kata-Partner, Fight-Gegner oder mentale Unterstützung zur Verfügung. Die Kämpfer haben ordentlich ausgeteilt und es ihm nicht leicht gemacht.
Über drei Stunden Basistechniken, Laufschule, Katas, Sabaki und Kumite liegen nun hinter dem Prüfling. Zu den Basistechniken gehören verschiedene Kampfhaltungen, Fauststöße, Blöcke, gerade und Halbkreis-Fußtritte. Diese musste Patrick Sagwitz erst in einer stehenden Position und dann bei der Laufschule, also vorwärts gehend, zeigen. Hier kommt es auf die Exaktheit der Techniken an. Katas sind vorgeschriebene Bewegungsabläufe mit Angriffs- und Verteidigungstechniken in zehn Takten. Diese haben unterschiedliche Schwierigkeitsgrade und müssen bei einer Prüfung erst solo, also als Scheinkampf, und dann mit einem Partner vorgeführt werden. Dabei zeigt sich, ob die Basistechniken auch funktionieren. Beim Sabaki wurde der Prüfling minutenlang von den erwachsenen Karatekas des Trainingslagers mit jeweils einer Technik angegriffen. Darauf musste Sagwitz sich wirkungsvoll verteidigen, bis die Angreifer zu Boden gingen. Das ging sehr an seine Kondition.
Doch das wird noch gesteigert mit der letzten Prüfungsdisziplin – dem Kumite. Zehn Kämpfe zu jeweils einer Minute waren vom Schwarzgurt-Anwärter zu absolvieren. Die wohl zehn längsten Minuten seines Lebens. Acht Karatekas, Schüler wie Meister, reihten sich auf, alles Männer mit unterschiedlicher Statur und Graduierung. Die Kinder nahmen ihre Zuschauerplätze ein. Im Podium saßen Sensei Peter Liebecke und fünf weitere Dan-Träger. Faustschläge zum Körper, Haken zur Rippe, Lowkicks zum Oberschenkel, Tritte zum Körper, Halbkreis-Tritte zum Kopf, alles Angriffstechniken, denen sich Sagwitz ohne Pause erwehren musste. Es war so spannend wie ein internationaler Boxkampf im Fernsehen. Ab Runde 7 hielten es die Prötzeler Kinder nicht mehr aus. Sie standen von ihren Sitzplätzen auf, klatschten rhythmisch in die Hände und riefen: „Patrick, Patrick, Patrick“. Gänsehaut-Atmosphäre pur. Diese kameradschaftliche Geste stärkte ihn, bis Runde 9 zu Ende geht. Alle Anwesenden litten sichtlich mit dem Prüfling und hofften, dass er die letzte Minute noch durchhält. Sensei Rocco Mattiß war sein letzter Fight-Gegner, kein leichter Gegner. Harte Kicks kassierte Schwarzgurt-Anwärter Patrick Sagwitz. Immer wieder am Mattenrand der Blick zur Uhr: Noch 30 Sekunden. Doch Sensei Rocco wollte, dass er bis zum Schluss durchhält und schrie ihn an: „Kämpfe, kämpfe!“ Noch 15 Sekunden. Und Sagwitz kämpfte bis zur letzten Sekunde. Er wusste, hier wird keinem der Dan geschenkt. Nach dem erlösenden Kampfende klatschten alle Karatekas und gratulierten ihm zu dieser guten Leistung. Patrick Sagwitz ist der 28. Schwarzgurt in Deutschland in diesem japanischen Vollkontakt-Stil.
Und wer ordentlich trainiert hat, darf auch ordentlich feiern. Am selben Abend fand dann die berühmt-berüchtigte Weihnachtsfeier statt mit lecker Essen, Weihnachtsbaum, Karaoke und Schrottwichtel-Geschenken. Alle hatten ihren Spaß und wollen im nächsten Jahr wieder am Trainingslager teilnehmen.
Trainer Peter Liebecke trägt den 2. Dan und ist seit 1995 German Branch-Chief in der japanischen Kampfsportart Ashihara-Karate. In seiner erfolgreichen Karriere als Trainer und Meister hat er bereits seitdem 28 Karate-Schüler zum 1. und 2. Dan ausgebildet. In seinen Kampfschulen in Strausberg und Prötzel, auch Dojos genannt, trainieren derzeit 36 Kinder, Jugendliche und Erwachsene.
Einer seiner besten Schüler und Träger des 2. Dan ist Sensei Mike Blaneck. Er führt die dritte Ashihara-Karateschule in Berlin-Pankow. Dort trainieren 17 Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Weltweit trainieren diesen japanischen Karate-Stil Millionen von Menschen.
Das Ashihara-Karate ist ein sehr dynamischer und effektiver Vollkontaktkampfstil, der in der Selbstverteidigung als auch im Wettkampf optimal einsetzbar ist, da er sich am realen Kampf orientiert. Der Trainingsablauf ist kameradschaftlich und respektvoll, fühlt sich an wie Familie und Freunde. Die höheren Gürtelgraden helfen den Anfängern beim Erlernen der Techniken.